Expedition Pakistan – Trango Tower

veröffentlicht am von

Der Start der Reise rückte überraschend schnell näher und somit wurde es kurz davor etwas chaotisch, endete jedoch, wie es sich für eine Geschichte gehört, glücklich. Dominik wurde in der Nacht vor dem Abflug von Hustenattacken geplagt und konnte kaum schlafen. Auch ich kam in dieser Nacht zu keinem Schlaf, weil mich noch die Arbeiten am Kletterführer plagten und ich krampfhaft versuchte diesen fertigzustellen. Um 5 Uhr in der Früh kapitulierte ich und mein Freund musste die letzten Dinge für den Druck alleine fertig stellen. Schnell noch den Computer ausgeschaltet, Handy in die Schreibtischlade verstaut, Gepäck ins Auto gepackt und ab zum Flughafen. Ab diesem Zeitpunkt fühlte ich mich total entspannt und gespannt zugleich, auf das was kommen wird. Am Flughafen mussten wir Dominik noch überzeugen, dass Pakistan, Bergsteigen und 6000 m.ü.M. genau das richtige sind, wenn man gerade Antibiotika nimmt und einen bronchialen Infekt hat. Dominik glaubte uns zwar kein Wort, aber er wusste, dass es mühsam sein würde später alleine nachzukommen und uns in den letzten Winkel der Erde zu folgen -> also flog er mit. Anfang gut, alles gut oder so ähnlich?

Über Doha ging’s nach Islamabad. Um drei in der Früh hieß es Landeklappen ausfahren und Augen auf, das Abenteuer beginnt.

Am Flughafen wurden wir von Shipton Trekking herzlich empfangen und jeder bekam erstmal einen riesen Blumenkranz um den Hals gehängt. Wir fühlten uns wie Kühe beim Almabtrieb. In der brütenden Hitze wurden wir durch die Menschenmassen (ja, die sind da auch um 3 Uhr in der Früh – in Pakistan ist man nie allein) zum Auto und in weiterer Folge zum Hotel getrieben. Gestern noch vor dem PC, brüteten wir nun auf der anderen Seite der Erde. So schnell geht’s.

Nach einigen Besorgungen und Ge-“manage” ging’s per Auto über den berühmt-berüchtigten Karakorum Highway zwei Tage lang und 300 km (dieses Zahlenverhältnis spricht für sich) nach Skardu, der Hauptstadt von Baltistan. Von hier aus ging es straßentechnisch noch etwas abenteuerlicher und zahlenverhältnismäßig nicht minder interessant – weitere 7 h und 120 km per Jeep nach Askole, dem Ausgangspunkt.

Hier wurden unsere Lasten an die schon wartenden Träger verteilt und wir machten uns auch fertig, um am nächsten Tag den dreitägigen Fußmarsch in Richtung Trango Basislager anzutreten. Begleitet wurden wir von drei herzigen Kerlen: Shakoor, Ali und Kasim. Sie sorgten für unser leibliches Wohl und dass wir inkl. unserem Krempl, dorthin kamen wo wir hinwollten.

Der Trek zum Lager ist schon eine Reise für sich wert, wodurch auch einige Trekker unterwegs waren. Am zweiten Tag kam uns beim stundenlangen Gehen und der endlosen Aussicht immer wieder das eigentliche Ziel in den Sinn. Man sucht die Weiten begierig nach dem markanten Gipfel ab, aber wir mussten uns noch gedulden. Das monotone und gemütliche Trekken wurde nicht von jedermann als Genuss empfunden. Schon gar nicht von Speedflyer und Freeride-rasern. Dies ließ mich zur Erheiterung noch demonstrativer über die Vorzüge des Trekkens schwärmen.

Im Basislager angekommen, wurden erstmals die Zelte aufgeschlagen, die Blasen versorgt und der Mund wieder geschlossen -> vom Anblick der Türme eine Stunde zuvor. Das Basislager ist eingebettet zwischen einer riesen Granitwand und dem Moränenwall des Trangogletschers. Zusätzlich liegt es an einem idyllischen See. Durch den sandigen Untergrund und der jamaikanischen Stimmung im Zelt, kann man seine Lage schon mal mit einem Strandurlaub verwechseln. Spätestens beim Öffnen der Zelttür schlägt einem wieder der Wind der Realität entgegen. Wir waren am allerwei(r)testen, entfernten Punkt der Welt. 7 Tage brauchten wir bis hierher; schon klar das Zahlenverhältnis wurde immer “schlechter”. 30 km/7 h – es wurde aber noch gemächlicher, 6 Seillängen an einem Tag – 400 m/10 h. Ich las nicht nur das Buch “Entdeckung der Langsamkeit” – nein, ich lebte es.

Nachdem wir das ABC auf der Sonnenterrasse mit Essen und Ausrüstung bestückt hatten, hieß es nämlich wieder zurück zum Basislager, zu unserem geliebten Strand. Unser Aufenthalt im Basislager verlängerte sich ungewollt von geplanten 2 auf 7 Tage. Die Ungeduld wuchs mit jedem Tag. Zugegeben ich lebte das Buch noch nicht vollends. Nach sieben Tagen prognostizierte uns Charly “Wetterguru” Gabl ein stabiles Hochdruckfenster. Wir erhofften uns dadurch einen Blick auf den Gipfel. Also letz fetz.

Durch die anfänglich wetterbedingte Unentschlossenheit brachen wir etwas verspätet, um drei Uhr Nachmittag, in Richtung Sonnenterrasse auf. Bei leichtem Schneefall und trotz Hilfe unserer Fixseile wurde es stockdunkel bis wir diese erreichten. Gut das dort unser Palast, ein kleines Zweimannzelt auf uns wartete. Der kontinuierliche Druck im Kopf wurde im Zelt perfekt ergänzt durch nähebedürftige Knie, Schultern und Ellbogen. Schön, dass man nicht alleine ist. Die nächsten vier Nächte schlief nur mehr Basti im Zelt – leicht ist das Zelt, da kann man gar nichts sagen *g*.

Die nächsten zwei Tage versuchten wir, gegen die Langsamkeit ankämpfend, zu Klettern und möglichst weit Seil entlang der Yugoslawenroute für unseren Durchstieg zu fixieren. Es war nicht alles in freier Kletterei möglich, denn über 5700 m.ü.M. waren die Risse oft vereist. So bewegten wir uns teils technisch, teils frei kletternd nach oben. Am dritten Tag, bei strahlend blauem Himmel und aufgehender Sonne schauten wir erfolgreich durchs Fenster. Pünktlich zur Mittagszeit am Gipfel angekommen, genossen wir einfach nur diesen einzigartigen Moment.

Nachdem wir wieder gesund im Basislager angekommen waren und all unseren Krempl auf einmal, über die spannende und brutal anstrengende Zustiegsrinne runter gebracht hatten, brauchten wir erstmal Erholung. Die letzten verbleibenden Tage im Lager verbrachten wir bouldernd, kletternd, essend, lesend, kartenspielend mit unserem Dreamteam Kasim, Ali und Shakoor und vor allem einfach genießend.

Einmal konnten wir uns noch motivieren und versuchten uns an einer “Erstbegehung” an der anderen Gletscherseite. Diese wartete mit Wahnsinns-Kletterei auf uns…. Zwei Seillängen unter dem Top mussten wir uns zeit- und nervenmäßig geschlagen geben. In der letzten Länge steckte ein riesen Zündholz aus Granit, welches beinahe aus dem Riss kippte und mit Sicherheit Dominik und mich am Stand erwischt hätte. Also ließen wir es bleiben und seilten unserer Gesundheit frönend ab. Wir tauften die Route Sleepless, soviel “schlafen” hab ich noch nie jemanden in einer Tour gesehen.

 

Es wurde Zeit die Zelte abzubauen und diesem ganz besonderen Stück Erde Lebewohl zu sagen. Es war eine bereichernde und wirklich schöne Reise, zu einem weit entfernten und ganz anders belebten Flecken Erde. Die Herzlichkeit der Menschen und die Landschaft sind einfach überwältigend.

Besonderen Dank gebührt unseren vielen Helfern, Trägern und Pferden ohne deren Hilfe diese Unternehmung in dieser Art nie möglich wäre.

Danke auch für die Unterstützung an